Werbe-Englisch: „Mache deinen Brotkasten selber“

Youtube bietet uns, so scheint es, eine Anleitung für den Bau eines Brotkastens („Broadcast Yourself“), Philips möchte, dass die Sinne simpel angesprochen werden („Sense and Simplicity“), der Bierbrauer Carlsberg schlägt uns vor, das Radio auszuprobieren („Taste Tuned“), und vor einigen Jahren wollte uns Douglas in ein Labyrinth locken („Come in and find out“). Ist es wirklich das, was uns die Werbung sagen sollte? Wohl eher nicht, denn dem Großteil der Deutschen bleibt die eigentliche Aussage verborgen.

Die Idee, die hinter der Verwendung von englischen Slogans steckt, ist eigentlich nicht schlecht: Werbung soll dynamisch und modern wirken. Es gibt sogar Slogans, bei denen dieser Ansatz funktioniert („No Smint. No Kiss.“). Allerdings birgt er auch gewisse Gefahren, besonders wenn krampfhaft versucht wird, einen „coolen“ englischen Spruch zu finden. Das ein oder andere Unternehmen ist dabei in die Falle getappt, und dementsprechend tritt ein nicht unbedingt wünschenswerter Fall ein – mögliche Kunden verstehen den Slogan nicht. Das Motto muss nicht einmal besonders lang sein. „Be inspired“ (Siemens) besteht ganz offensichtlich aus nur zwei Wörtern, doch trotzdem ist die Bedeutung für viele nicht verständlich. Es handelt sich hierbei nämlich weder um eine Bieneninspektion, noch wird man verzaubert, angeregt oder inspiriert. „Taste Tuned“ von Carlsberg gehört ebenso zu den Slogans, die niemand versteht – bei Interpretationen ist vom Geschmacksverstärker die Rede oder davon, dass die Taste getuned ist. Vielleicht muss man auch das Radio ausprobieren, oder der Geschmack dreht einen um… Verwirrung pur und ein vollkommen unnötiger Slogan. Viele (englische!) Slogans werden direkt für den deutschen Markt geschustert, und so manch einer wird sich die Frage stellen: Was haben die sich dabei nur gedacht? Antwort: Sie haben die Deutschen schlichtweg überschätzt. Wenn man, wie viele Texter, im englischsprachigen Ausland gearbeitet oder studiert hat, kann das schnell passieren. Zudem kommt, dass diejenigen, die über die offizielle Version entscheiden, oftmals nicht in Deutschland sitzen. Und so schnell wird „Créateur d’automobiles“ von Renault durch das weniger verständliche „Drive the change“ ersetzt.

Wirkung von Anglizismen

Endmark, eine Kölner Marketing-Agentur, führt seit 2003 regelmäßig Befragungen durch, deren Ergebnisse sprechen für sich sprechen: 72-75 % der Deutschen verstehen englische Slogans nicht. 2004 beschäftigte sich Isabel Kick in ihrer Diplomarbeit an der Uni Dortmund mit der Wirkung von Anglizismen in der Werbung. Dabei stellte sich heraus, dass bei den Teilnehmern ihrer Studie bei deutschen Werbeslogans stärkere Reaktionen auslösten als bei englischen. Heute wirbt Adidas mit dem englischen Pendant von Toyotas „Nichts ist unmöglich“. Es ist nur logisch, dass „Impossible is nothing“ für einen deutschen Muttersprachler die 2. Wahl ist. Eine Übersetzung von „Impossible is nothing“ zu „Nichts ist unmöglich“ käme zwar nicht in Frage, da Letzteres als Marke im Register des Deutschen Patent- und Markenamtes eingetragen ist, aber mit ein wenig Kreativität sollte eigentlich nichts unmöglich sein.

Lösungsansatz: Wie wäre es zur Abwechslung mal mit professionellen Übersetzern? Ganz unter uns: Es soll tatsächlich Übersetzer geben, die sich auf den Bereich Werbung spezialisiert haben. Oder mit Werbetextern, die sich mit dem kulturwissenschaftlichen Hintergrund auskennen? Vielleicht könnte man ja auch versuchen, sich vom Motto „Ich kann es nicht auf Deutsch sagen, also sag‘ ich es auf Englisch“ lösen. Die Anzahl dieser „kleinen“ Missverständnisse könnte eventuell sinken.

Deutsche Werbung im Ausland

Die Affinität der Deutschen zu englischen Wörtern ist für alle ersichtlich. Wir basteln uns sogar unsere eigenen englischen Wörter zusammen wie public viewing (öffentliche Aufbahrung eines Leichnams) oder Bodybag (Leichensack). Dass wir Fremdwörter sehr gern aufnehmen, haben wir bereits gezeigt. Doch wie sieht es zum Beispiel in Großbritannien aus? Überraschenderweise findet man dort tatsächlich, jedoch in einem weit geringeren Ausmaß, auch Werbung für deutsche Produkte in deutscher Sprache. Volkswagen arbeitet auch hier mit dem Slogan: „Das Auto“, während Audis „Vorsprung durch Technik“ auch allgemein bekannt ist.

Einsicht ist der beste Weg zur Besserung

Einige Unternehmen haben das Potential der Muttersprache erkannt und werben mittlerweile auf Deutsch. C & A ist, nachdem „Fashion for Living“ nicht zu den Paradebeispielen englischer Slogans geworden ist, zunächst auf das Motto „Preise gut, alles gut.“ umgestiegen, heute wirbt C & A mit „Mode günstig kaufen“. McDonald’s hat sein „Everytime a good time“ zum allseits bekannten „Ich liebe es“ geändert, was allerdings auch ein Anglizismus ist, da im Deutschen nur Personen und allenfalls noch Haustiere geliebt werden. Der Fernsehsender Sat1 hat auch seine Schlüsse daraus gezogen, dass man mit ihrem Motto „Powered by emotion“ so gut wie nichts anfangen konnte, und zeigt sich seit Neuestem mit dem Slogan „Freut euch drauf“. Douglas, das die Kunden mit „Come in and find out“ in die Irre geführt hatte, macht heutzutage das Leben schöner.

Und schlussendlich gibt es zum Glück auch solche Unternehmen, die gar nicht erst in die Anglizismus-Falle getappt sind: „Quadratisch. Praktisch. Gut.“

 

Weitere Infos:

Spiegel online:

– „Worst Case ist keine Wurstkiste“

– „Denglisch in der Werbewelt“

Mattheis Werbeagentur: „Slogan? Claim? Wer braucht denn so was?“

Übersetzerportal: „‚Powered by emotion‘ heißt ‚Kraft durch Freude‘? Englischsprachige Werbeslogans werden nur selten richtig verstanden“

Isabel Kick: Die Wirkung von Anglizismen in der Werbung (2003)

 

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